„Bündeln wir unsere Kräfte für ein selbstbestimmtes Leben! Es geht nur gemeinsam.“ Unter diesem Motto kamen vom 19. – 21. November 2021 insgesamt 46 Delegierte und 9 eingeladene Gäste in Frankfurt, im Haus der Jugend zusammen um über ihre Arbeit der vergangenen drei Jahre zu diskutieren und diese zu bewerten, sich neue Aufgaben zu stellen und neue Ziele zu setzen.
Die Pandemie hat vorab die Vorbereitungen vor große Herausforderungen gestellt. Die steigenden Inzidenzzahlen in den letzten Wochen haben viele Verunsicherungen hervorgerufen. Dennoch sind die Frauen in der Vorbereitungszeit zusammengekommen, haben ihre Konferenzen, Mitgliederversammlungen und Infoveranstaltungen vor Ort durchgeführt und sich gut auf den bevorstehenden Kongress vorbereitet.
Und dann war es endlich soweit:
Mit einem freudigen Wiedersehen begann der erste Abend mit einer gemeinsamen Gesprächsrunde. Anlass war das 60-jährige Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei. Die Frauen erzählten unter anderem über ihre eigenen Erfahrungen und die Geschichten ihrer Familien. Wie war das damals als die Mutter nach Deutschland kam, mit welchen Hoffnungen und Ängsten, aber auch Träumen kamen sie in diese Fremde Land. Mit welchen Lebens- und Arbeitsbedingungen mussten sie klar kommen? Unterschiedliche aber auch sehr ähnliche Geschichten wurden erzählt und miteinander geteilt.
Am nächsten Morgen begann die Konferenz mit der Bewertung des politischen Geschehens. Gemeinsam diskutierte man natürlich auch über die Auswirkungen der Pandemie, die nun schon seit knapp zwei Jahren unser aller Leben bestimmt. Neben den Unsicherheiten, Veränderungen, Arbeitsplatzverlusten und Verschlechterungen der Arbeits- und Lebensbedingungen diskutierten man auch über das Versagen der Regierung und einer fehlenden Strategie für die Bevölkerung.
Das Versagen des Gesundheitssystems, fehlende Pflegekräfte, das schlechte Bildungssystem, stetig steigende Unterhaltskosten, Stellenabbau, Gewalt an Frauen, zunehmender Rassismus und die Spaltung der Gesellschaft und viele weitere Themen waren auch schon vorher auf der Tagesordnung, diese sind mit der Pandemie nur deutlich sichtbar geworden.
Die Auswertung der Arbeit hat den größten Teil der Konferenz eingenommen. Vertreterinnen aus 19 Orten berichteten über ihre Arbeit von den letzten 3 Jahren, auch unter Pandemie bedingten Voraussetzungen haben die meisten Orten ihre Arbeit fortgesetzt. Zwar war das durchaus keine leichte Aufgabe und es wurden nicht immer alle Frauen mit online Angeboten erreicht, aber es wurde nicht aufgegeben. Mit vielseitigen Angeboten und Programmen hat man immer wieder die Frauen eingeladen und auch die kulturellen Angebote digital weiter fortgesetzt und deren Wichtigkeit betont um Frauen erreichen zu können.
Viele wichtige Informationsveranstaltungen wurden in diesem Zeitraum durchgeführt. Welche Auswirkungen hat die Corona Pandemie auf uns Frauen? Warum sollten wir uns impfen lassen? Was beinhaltet die Istanbul – Konvention und warum müssen wir die vorbehaltlose und konsequente Umsetzung fordern? Viele weitere Themen wurden in der vergangenen Zeit online behandelt, auch auf internationaler Ebene.
Zu später Stunde wurde auch nochmal intensiv über die Frauenzeitschrift “Kadin” (Frau) gesprochen. Obwohl in der vergangenen Periode die Zeitschrift regelmäßig veröffentlicht wurde und auch während der Pandemie Zeit Sonderausgaben online gestellt wurden, so konnte die letzte Ausgabe nicht gedruckt werden da nicht ausreichend Berichte aus den Orten der Redaktion vermittelt wurden. Auch hier wurde nochmals betont, dass die Zeitschrift von den Berichten der Frauen aus den Orten lebt und man die Frauen dazu motivieren sollte zu Schreiben. Dies kann auch mit Schreibwerkstätten angeregt werden, die auch schon in einigen Orten durchgeführt wurden. Ein weiterer Vorschlag war in den Orten Redaktionsgruppen zu gründen. Nach wie vor fehlt es an Berichten und Beiträgen der Frauen auch in deutscher Sprache.
Im Laufe des Tages grüßten mehrere Frauenorganisationen und Gruppen die Delegierten der Konferenz und wünschte alle Teilnehmerinnen viel Erfolg. Gleichzeitig betonten alle die Wichtigkeit der gemeinsamen Arbeit und Solidarität. Ekmek ve Gül aus der Türkei, die Frauen von Daymer aus England, die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, die Geschäftsführerin von DaMigra, die Bundesfrauensekretärin der IGBau, die Frauengruppe der DIDF Jugend, die Vorsitzende der Föderation Demokratischer Arbeitervereine und eine Vertreterin von Omas gegen Rechts, die für das Bündnis der sexuellen Selbstbestimmung sprach.
Am darauffolgenden Tag diskutierten die Frauen aktiv über die bevorstehende Zeit, die Aufgaben und Forderungen die gestellt werden sollen. In der kommenden Periode sollen Redaktionen vor Ort gegründet werden, Regionaltreffen veranstaltet werden, Vereinsgründungen vorangetrieben werden. Info- und Veranstaltungsreihen sollen regelmäßiger durchgeführt werden. Transparente Informationen vom Vorstand an die Orte vermittelt werden, Veröffentlichungen und Flyer zeitnah an die Orte versendet werden u.v.m.
Einige der Forderungen sind unter anderem:
Die Verhinderung der Erderwärmung und die Forderung für eine lebenswerte Welt für uns und die kommenden Generationen. Eine Erneuerung des Bildungssystem und Bedingungen für gutes Lernen müssen geschaffen werden mit all den personellen und technischen Voraussetzungen. Die vorbehaltlose und konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention, die Umsetzung von CEDAW und die Ratifizierung ILO 190 Konvention. Ein Gesundheitssystem, dass nicht profitorientiert ist und die Forderung des Pflegepersonals berücksichtig. Ein Gesundheitssystem, dass Frauen berücksichtigt und kostenlose Verhütungsmittel und Untersuchungen zugänglich macht. Die Erhöhung des Mindestlohnes, welche ein Leben ohne Armut im Alter möglich macht.
Der Bundeskongress endete nach zwei Tagen mit vielen Vorschlägen und Beschlüssen und der Neuwahl des 11- köpfigen Bundesvorstandes
Fotos: Sevinç Sönmez/Bundesverband der Migrantinnen
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